Punkt – Linie – Dreieck – Fläche

Vom 30.März bis 01.April war der taiwanesische Bagua und Xing Yi Lehrer Luo Dexiu zu Gast in der Yizong Bagua Schule in Köln. Nachdem ich vor knapp einem Monat auf die Webseite des deutschen Gao Bagua und Xing  Yi Lehrers Carsten Stausberg mit der Ankündigung des Seminars gestoßen bin, hatte ich mich kurzerhand zu dem dreitägigen Seminar in Köln angemeldet.

Schon im Vorfeld war ich von dem netten E-Mail Kontakt mit dem Lehrer der Schule begeistert. Dennoch bleibt ja immer ein mulmiges Gefühl, wenn man für mehrere Tage eine gänzlich fremde Schule besucht. Dennoch fuhr ich voller Vorfreude am Freitag Mittag nach Köln um am Seminar teilzunehmen. Es sollten drei wirklich interessante Tage mit einer Menge guter, neuer Kontakte werden.

Am Freitag war ein eher kleines Seminar von drei Stunden zum Thema Xingyi Quan angesetzt. Als Thema des Seminars war „5 Tiger Formen – Form und Anwendung“ angekündigt. Da ich schon länger einmal einen Einblick in den Xingyi Stil bekommen wollte, war das der ideale Einstieg für mich. Ziemlich Pünktlich schaffte ich den langen Weg von Hannover nach Köln in das Aikido Dojo in dem das Seminar stattfinden sollte.
Schon bei meiner Ankunft wurde ich von dem Lehrer Carsten Stausberg und seinen Schülern sowie den anderen externen Teilnehmern sehr herzlich aufgenommen.

Kurz nach meiner Ankunft erschien auch Luo Dexiu Laoshi in der Halle. Wie all die anderen Lehrer der traditionellen chinesischen Kampfkunst die ich bisher kennenlernen durfte, wirkte auch er sehr freundlich und zurückhaltend.
Das Seminar startete mit einer Vorstellung von Luo Dexiu Laoshi durch Carsten Stausberg Laoshi sowie einem Abriss, was uns an dem Abend erwarten würde.
Gleich zu Anfang nahm sich Luo Dexiu Laoshi die Zeit den Teilnehmer die Grundkonzepte des Xingyi Stils zu erklären und wie und wodurch sich dieser „innere“ Stil von den anderen bekannten Stilen Tai Chi und Bagua Zhang unterscheidet.

Danach ging es dann auch direkt nach einer kurzen Aufwärmphase zu den ersten Techniken der Form über. Ein wenig Sorge kam in mir auf, ob der Lehrgang über drei Stunden nur aus Formenlernen bestehen würde. Doch ich wurde schnell eines besseren belehrt. Ein, zweimal wurde die eben gelernte Bahn geübt und schnell ging Luo Dexiu Laoshi dazu über den Teilnehmern die möglichen Anwendungen der Techniken zu zeigen.

Danach stand sofort paarweises Üben der Anwendungen auf dem Programm. Hierbei wies Luo Dexiu Laoshi auf die gradlinige Ausführung der Techniken hin, die in einer Dreiecksform vom Körper über die Arme auf den „Gegner“ die Kraft wirken lässt. Dabei stellte er auch besonders die Kraftentwicklung aus dem ganzen Körper heraus und das bei den Techniken nicht der Fehler gemacht werden sollte nur die Arme oder Hände im Fokus zu haben. So ging es dann die nächsten Stunden weiter kurz ein wenig von der Form und dann sofort Anwendungen nur unterbrochen von kurzen Trinkpausen, die aber meist von den Teilnehmern zum Üben der Techniken genutzt wurden. Immer wieder nutzte Luo Deixiu Laoshi die Zeit um jeden einzelnen in seinen Anwendungen zu verbessern. Wie Carsten Stausberg Laoshi am Anfang schon erwähnt hatte, verflogen die drei Stunden wie im Flug so das um 22:00 Uhr schon Schluss war.

Für mich ging es etwas außerhalb ins Hotel, wo ich gegen 23:30 Uhr ankam und es dann auch gleich zu Bett ging. Am nächsten Morgen sollte ja der zweite Tag des Seminars um 9:00 Uhr starten.

Luo Dexiu Laoshi und ich

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen des Bagua Zhang. Luo Dexiu Laoshi unterrichtet hier die Linie des Gao Bagua Zhang. Für den zweiten Tag waren zwei von acht Techniken des „Xiantian Bagua“ als Seminarinhalte vorgesehen. Auch dieser Tag begann mit der Vorstellung des „Xiantian Bagua“, dem Kreisgehen der Gao Bagua Linie. Lou Dexiu Laoshi nahm sich zu Anfang erst einmal die Zeit das Kampfkonzept des Bagua zu erläutern. Dabei wies er besonders darauf hin, das das Kreisgehen im Bagua Zhang als Übung für den Körper und Geist dient, mal abgesehen von vielfältigen Gesundheitsaspekten die damit einhergehen. Das man aber nicht davon ausgehen sollte, das ein Bagua Kämpfer im Kampf immer im Kreis um den Gegner geht. Natürlich nutzt der Bagua Kämpfer die durch das Kreisgehen gewonnene Struktur und Möglichkeit die Richtung zu wechseln, um den Kraftlinien des Gegners zu entgehen, diese zu stören oder schnell aus anderen Winkeln den Gegner anzugreifen. Während es ganzen Lehrgangs unterwies er auch immer wieder die Teilnehmer in der Psychologie des Kampfes. Kein Mystizismus oder esoterischer Schnickschnack sondern eine klare Darstellung zur Anwendbarkeit des Bagua Zhang. Ich begann mich immer mehr hier zu Hause zu fühlen. Die gleiche Einstellung zur traditionellen chinesischen Kampfkunst, wie ich sie auch schon bei den Seminaren der Zhen Wu in Beijing, Portugal und Deutschland erlebt habe.

Der Ablauf des Seminars war im Grunde der gleiche wie am Abend zuvor. Ein kurzes Üben der Technik das dann gleich in ein gemeinsames Üben der möglichen Anwendungen  überging. Was an diesem Tag sicherlich vielen klar wurde war, das in einer kleinen Technik des Bagua Zhang eine schier unendliche Anzahl von möglichen Anwendungen verbirgt.
Nach den ersten drei Stunden wurde eine kurze Pause von drei Stunden eingelegt in der die Teilnehmer zusammen mit den Lehrern in einem Lokal in Köln essen gingen. Auch hier nahm sich Luo Dexiu Laoshi gerne die Zeit auf Fragen der Teilnehmer zu antworten, wobei sich auch schnell untereinander Gespräche entwickelten. Auch hier verflogen die drei Stunden wie im Flug.

Nach dem Essen ging es dann auch gleich weiter mit der zweiten Technik sowie weiteren Anwendungen. Es wurde geblockt, geschlagen und natürlich auch viel gehebelt und geworfen. Luo Dexiu Laoshi nahm sich auch hier immer wieder die Zeit jeden einzelnen in seinen Möglichkeiten zu verbessern. „Keep it natural“ – Je entspannter ein Wurf oder ein Hebel funktionierte, um so mehr schien sich Luo Dexiu Laoshi über den Fortschritt zu freuen.
Als um 18:00 Uhr das Seminar beendet wurde, war wieder einmal ein ganzer Tag wie im Flug vergangen. Kurz noch etwas essen und dann ab zum Hotel am nächsten Morgen sollte es ja wieder um 9:00 Uhr weitergehen.

Der dritte Tag stand ganz in der Besonderheit des Gao Bagua Zhang. Das „Houtian Bagua“ der Gao Linie besteht aus 64 Linien – Gradlinigen Ausführungen von Techniken. Am dritten Tag sollte die 2. Linie der 64 Linien unterrichtet werden. Ein wenig erinnerte mich diese Übungsmethode an die „Ba Shi“ Übungen anderer Kampfkunststile. Basisarbeit, kleine Sets, die man immer wieder Üben kann um Timing, Struktur, und nicht zuletzt Kraft (Basis) zu entwickeln. Ein kleine Besonderheit stellte hierbei die besonders lange Ausführung der einzelnen Techniken dar. Optisch schien in dieser 2. Linie viele Elemente des Chang Chuan aber auch Elemente des Xingyi zu enthalten.
Auch hier hielt sich Luo Dexiu Laoshi an das Konzept kurzes Üben der Form danach Anwendungsmöglichkeiten der einzelnen Techniken. Nach den vielen Würfen vom Vortag freuten wir uns schon auf ein wenig Schlagen und Blocken wie es zum Anfang des Seminartages angekündigt wurde. Doch später ging Luo Dexiu Laoshi im Verlauf des Tages zu Hebeln und Würfen über. Gegen Ende des Tages merkte man den Teilnehmern schon an, das das Aufstehen nach einem Wurf immer schwerer fiel. Dennoch hielt es keinen davon ab weiterhin mit vollem Eifer weiter zu machen.

Mir haben die drei Tage sehr viel Spaß gemacht. Da ich meinen Fokus derzeit mehr auf die Anwendungen des Bagua lenken wollte, hat der Inhalt des Seminars genau meine Wünsche erfüllt. Ich habe Luo Dexiu Laoshi während des Seminars als einen sehr freundlichen Lehrer kennen gelernt, der gerne auch in den Pausen für die Teilnehmer da war und gerne alle Fragen zur Kampfkunst beantwortet hat. Er hat sich unglaublich viel Zeit für jeden einzelnen der ca. 20 Teilnehmer genommen und hat jeden individuell weiterentwickelt.
Mein Dank geht hiermit auch an Carsten Stausberg Laoshi, der dieses Seminar in Köln ermöglicht hat sowie an die weiteren Teilnehmer und seine Schüler, die alle dafür gesorgt haben, das sich Freunde der traditionellen chinesischen Kampfkunst in entspannter, freundlicher Atmosphäre treffen konnten.

Weitere Infos:
Yizong Bagua Deutschland

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