Stehen, fallen und werfen

Am letzten Wochenende hatte der Osnabrücker Kung Fu Verein Bailung e.V. wieder einmal Lehrer und Schüler jeden Stils und Kenntnisstandes eingeladen an einem zweitägigen Seminar zu den Stilen Tong Bei und Shuai Jiao teil zu nehmen. Auch ich hatte mich am Sonnabend morgen auf den Weg nach Osnabrück gemacht, um die beiden Lehrer Zhang Xinbin Laoshi und Yu Shaoyi Laoshi wieder zu treffen. Nachdem ich schon auf dem Blog vom Bailung e.V. über meine Erfahrungen während des Tong Bei Seminars von Zhang Xinbin geschrieben habe (http://bailung.blogspot.de/2012/08/entspannen-mit-zhang-xinbin-von-markus.html), möchte ich hier nun noch einmal etwas zum Shuai Jiao Seminar von Yu Shaoyi Laoshi schreiben.

Da ich mich sehr für den Stil des Ba Gua Zhang interessiere, war das Seminar von Yu Shaoyi Laoshi eine gute Gelegenheit einmal einen Einblick in das Shuai Jiao zu bekommen, das ja eine der Grundlagen des Cheng Bagua bildet.

Ich hatte am Vortag beim Seminar von Zhang Xinbin Laoshi als auch beim gemeinsamen Grillen bei Jochen Wolfgramm Laoshi die Gelegenheit Yu Shaoyi Laoshi ein wenig kennen zu lernen. So rastlos und agil wie er sich am Vortag präsentierte, genauso sollten sich auch die nächsten sechs Stunden seines Seminars gestalten.

Yu Shaoyi Laoshi begann unterstützt durch die Übersetzungen von Zhang Xinbin Laoshis Schüler sein Seminar mit einer kurzen Einführung zum Shuai Jiao sowie zu Geschichte und Hintergründen traditioneller chinesischer Kampfkünste.

Danach ging es dann auch gleich ans „Eingemachte“: Während des Anfangs noch schönen Wetters begannen wir mit grundlegenden Übungen zu Bewegungsabläufen (Ji Ben Gong) aus dem Shuai Jiao auf dem Rasenplatz vor der Bailung e.V. Schule. Während sich alle Teilnehmer – das Seminar war erstaunlicherweise noch besser besucht als das des Vortages – sich redlich bemühten die vorgestellten Übungen ordentlich auszuführen, spornte Yu Shaoyi jeden einzelnen an entsprechend seiner Möglichkeiten noch tiefer zu stehen oder sich noch schneller zu bewegen.

Nachdem nun langsam ein leichter Regen eingesetzt hatte konnten man nach kurzer nicht mehr unterscheiden, ob die Trainingskleidung nun vom Regen oder eigenen Schweiß so durchnässt war.

Zwischendurch ließ Yu Shaoyi Laoshi jeden einzelnen nach vorne kommen um vor der gesamten Gruppe seine gelernten Bewegungen vor zu führen. Was erst von Skepsis und eventuell Sorge um das eigene „Versagen“ betrachtet wurde, stellte sich bald als wirksame Unterstützung zum aktuellen Training heraus. Niemand wurde „vorgeführt“ sondern entsprechend seines aktuellen Trainingsstandes von Yu Shaoyi Laoshi verbessert. Im Verlauf des weiteren Seminars forderte er auch immer wieder die Teilnehmer, die grade nicht etwas zeigten genau zu schauen welche Fehler Ihnen auffallen, um diese bei sich selbst zukünftig zu verbessern.

Nachdem der Regen etwas zugenommen hatte, wurde das Seminar in die Trainingsräume des Bailung e.V. verlegt. Hier waren am Morgen schon die Matten ausgelegt worden, um später die Würfe üben zu können.

Doch vor den Würfen sollte erst noch das Fallen kommen. Wie Yu Shaoyi Laoshi immer wieder betonte sollte man vor dem Werfen immer erst das Fallen üben, um Verletzungen beim Training zu vermeiden.

Nach einer längeren Pause und mittlerweile zwei von mir durchgeschwitzten T-Shirts ging Yu Shaoyi Laoshi dazu über einige Würfe und Eingänge mit uns zu üben. Hierbei wies er besonders darauf hin, das ein vorsichtiger und respektvoller Umgang mit dem Trainingspartner das oberste Gebot beim gemeinsamen Training sein soll.

Während die Teilnehmer, die aus dem Trainingscamp in Prag schon Vorkenntnisse und auch die entsprechende Shuai Jiao Trainingskleidung mitgebracht hatten sich mit den Würfen bis zum Fallen des Partners beschäftigen durften, stand für die Anderen die Sicherheit im Vordergrund.

So übten wir den Eingang zum Wurf bis zum Anheben des Partners auf den eigenen Rücken. Ich fand diese Version beinahe besser, da die hier angewendeten Grifftechniken sich mehr auf den „realen“ Kampf bezogen, anstatt die Möglichkeit der Shuai Jiao Jacken mit auszunutzen.

Yu Shaoyi Laoshi und ich

Yu Shaoyi Laoshi und ich

Den Abschluss des Seminars bildete diesmal eine ausgiebige Massage unseres aktuellen Trainingspartners – auch hier wurde während des Seminars so oft wie möglich gewechselt, um sich auf verschiedenen Größen, Staturen und Kenntnisstände einstellen zu können.

Eigentlich hatte ich vor nach dem Seminar direkt nach Hannover zurück zu fahren. Doch dank der Überredung von Marvin bin ich dann doch noch ein wenig geblieben, um zusammen mit den Lehrern noch etwas essen zu gehen. Hierbei nahmen sich beide Lehrer wieder die Zeit sämtliche Fragen der anwesenden Schüler zu beantworten sowie Geschichten aus dem traditionellen Wushu Umfeld oder ihrem eigenen Leben zu erzählen. Wiedereinmal einer der unvergesslichen Momente bei denen man die Lehrer als „nette Jungs von nebenan“ – beide sind um die 56 Jahre alt – kennen lernen konnte.

Mein Dank geht hier noch einmal an Stefan den langjährigen Schüler von Zhang Xinbin Laoshi, der sich immer wieder die Zeit genommen hat als Übersetzer zu fungieren, auch wenn es mal bedeutete, das selbst nur schwer dazu kam sich selbst etwas zum essen oder trinken zu bestellen.

 

Hier noch ein paar Impressionen zum Shuai Jiao

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