Wie man sich mit einem hartgekochten Ei verteidigt.

Mittlerweile ist es nun eine Woche her seit dem ich aus Beijing wieder zurück bin. Zusammen mit Damon habe ich mich am 17. Juni 2010 auf den Weg von Hannover nach Beijing gemacht um dort 10 Tage zusammen mit 50 anderen aus Belgien, Niederlande, Deutschland und den USA zu trainieren. Nachdem das Angebot leider mangels Nachfrage auf 4 verschiedene Stile eingeschränkt wurde (Shaolin Kung Fu, Shuaijiao, Praying Mantis wurden gestrichen) mussten einige in den verbliebenen Gruppen mit untergebracht werden. Am Anfang etwas ärgerlich, stellte es sich dann doch für den Einen/die Andere als glückliche Fügung heraus.

Darüber hinaus blieb ein großartiges Angebot in den Stilen Taiji, Tong Bei, Baguazhang, Xingyiquan sowie zusätzlich Qigong bestehen.

Was sollte uns nun in China erwarten? Der Trainingsplan war zeitlich gut gefüllt.

Morgens ab 6:00 Uhr eine Stunde gemeinsames Chi Gung. Danach Frühstück, dann die ersten drei Stunden Training. Dann Mittag und nach einer weiteren Stunde Ruhepause nochmals zweieinhalb Stunden Training mit einer abschließenden halben Stunde Stretching und Cool down. Alles in allem also ein rundes Programm. Dadurch das nun auch ein gestrafftes Angebot an Stilen bestand, blieb also jeder den ganzen Tag bei seinem Stil was die Möglichkeit erhöhte sich eingehender mit dem jeweiligen Trainingseinheiten zu beschäftigen.

Am ersten Tag angekommen nutzen einige von uns die Zeit am Abend um gemütlich zusammen zu sitzen und die Strapazen der Reise von uns abfallen zu lassen. Während wir also gemütlich auf den Bänken saßen, konnten wir die extra für uns aus Beijing angereisten Lehrer dabei beobachten, wie Sie zusammensaßen und untereinander Techniken und Anwendungen Ihrer Stile austauschten. Grade so als würden ein paar Freunde zusammensitzen und sich über Fussball und die letzten Spiele unterhalten.

Die Unterhaltung zog sich noch bis weit in die Nacht hinein.

Am nächsten Morgen war ich wohl durch den Jetlag recht früh wach und wollte dieses nun auch gleich nutzen um meine morgendlichen Übungen zu machen. Wann hat man schon mal die Chance an eine See in China seine Chi Gung Übungen zu machen…

Als ich so gegen 6:00 am See angekommen war standen dort schon die ersten der Trainer und führten Ihre Übungen aus. Hatten die überhaupt geschlafen???

An diesem Tag stand dann noch die Eröffnungszeremonie und ein Besuch im Sommerpalast an.

Nun konnte es losgehen die 10 Tage waren eingeläutet. Von nun an hieß es gegen 5:00 Uhr aufstehen (ich war halt immer recht früh wach zumal es in Beijing um die Zeit auch schon hell war. ) und ab zum morgendlichen Chi Gung.

Beim Chi Gung wurde erst einmal viel Zeit auf die Übung der „stehenden Säule“ verwendet. Danach wurden im Verlauf der nächsten Tage noch weitere Übungen ( Die 8 Brokate, Tai Chi Chi Gung) durchgeführt.

Nun begann für mich mein Training des Baguazhang. Seit langem hatte ich mir schon gewünscht einmal einen guten Lehrer zu finden um die Grundlagen des Baguazhang kennen zu lernen. Was für einen guten Lehrer ich in Xu Shi Xi Laoshi (www.xuhshixi.com) gefunden hatte wurde mir erst in den nächsten 10 Tagen so langsam bewusst und begeistert mich auch bis heute.

Im Rahmen der Eröffnungszeremonie wurde uns nahegelegt unsere „Tasse zu lehren“, da die Lehrer versuchen werden unsere Struktur von Grund auf neu aufzubauen.

Bei Xu Shi Xi Laoshi begann das Training am ersten Tag erst einmal mit der Übung der „stehenden Säule“. Danach die ersten Bewegungsfolgen – gradlinig – wie eine klassische Form aus den externen Stilen… He stimmte hier was nicht? War Baguazhang nicht das Ding mit im Kreis gehen? – Ach ja „Tasse lehren“…

Während des Trainings wurde Xu Laoshi nicht müde uns Erklärungen zum Grund der Übungen, deren richtige Ausführungen, geschichtlichen Hintergründen etc, etc zu geben.

Leider fehlte öfter bei unserer Gruppe ein Übersetzer. Weniger ob der Fragen die man haben könnte… vielmehr weil Xu Laoshi soviel zu erzählen hatte und mein chinesisch mit den Standards „Guten Tag“, „Danke“ und „Bier“ nicht für eine adäquate Übersetzung ausreichte.

Nachmittags ging das Training dann immer zu Anwendungen über. Xu Laoshi besitzt einen schier unglaublichen Fundus von Anwendungen. Während der Würfe, Hebel, Qin Na Techniken, wurde durch Xu Laoshi immer wieder auf die entsprechende zu Grunde liegende liegende Technik aus den eben gelernten Formen hingewiesen.

Was am Anfang wie eine unüberschaubare Fülle aussah bekam von Tag zu Tag mehr und mehr Struktur – ein Bild – ein Konzept…

Während der ganzen Zeit lernte ich Xu Laoshi als einen extrem freundlichen und geduldigen Menschen kennen. Der nicht müde wurde uns zu verbessern und auf Fragen gerne sofort eine Anwendung, Technik oder weitere Erläuterung parat zu haben.

Neben all den ernsthaften Übungen nahm er sich auch viel Zeit für den Spaß. Wie in der Überschrift schon angedeutet war eine seiner Stunden auch eine Vorstellung darüber, wie man sich mit einem hartgekochten Ei verteidigt. – Hätte ich das nur damals in der Schule schon gewusst….

Es war halt ein wenig so als wenn man mit seinen Freunden im Park rumhängt und über Fußball diskutiert. Ich selbst hab keine Ahnung von Fußball.. Das ganze nur um ein wenig das Gefühl zu vermitteln.

Apropos Park: Xu Shi Xi Laoshi trainiert täglich von 13:00 bis 17:00 Uhr im Park beim Himmelstempel. Ihr könnt aber davon ausgehen, das er meist länger da ist – irgendwie findet er immer kein Ende..

Nachdem ich im letzten Jahr bei meinem Besuch in China schon die Kreise um die Bäume im Himmelstempelpark bewundert hatte, hab ich es mir natürlich nicht nehmen lassen Xu Shi Xi Laoshi an dem freien Tag im Park zu besuchen. Das ganze hatte noch mehr von „Rumhängen im Park“: wer nicht saß trainierte, wer nicht trainierte hörte Xu Shi Xi Laoshi bei seinen Erklärungen und Verbesserungen der anderen zu.

Xu Shi Xi Laoshi freut sich übrigens sehr über Besuch. Wenn Ihr also in Beijing seid geht ruhig da mal vorbei. Und nehmt ein paar saubere Sachen mit. Es kann schnell passieren, das Ihr mit einmal mitten im Training seid und Euch im Sand wiederfindet. Keine Sorge.. Die sind alle sehr vorsichtig und es macht eine Menge Spaß.

Leider kann ich wenig über die anderen Gruppen wie Taiji, Tong Bei und Xing Yi erzählen.

Ich habe natürlich das Eine oder Andere mal zugeschaut und diese wirklich hart trainieren sehen. Und das ganze bei bis zu 40 Grad im Schatten und ein Luftfeuchte, bei der man die Luft lutschen konnte. Aber hierfür geht doch einfach auf den Blog von Bailung dort gibt es noch mehr Erfahrungsberichte.

Was ist nun am Ende übriggeblieben?

Ich habe gegen Ende der letzten Tage in Beijing bei einer Nachbetrachtung einmal gesagt, das ich nicht wüsste, ob ich nochmals am Trainingscamp teilnehmen würde. Natürlich gab es in den 14 Tagen auch Momente der Unzufriedenheit mit dem Essen, dem Hotel, dem Klima, den anderen Teilnehmern, oder der Organisation.

Aber heute? Ich würde unheimlich gerne wieder zurück nach Beijing und weitermachen und ich denke auch bei den nächsten Trainingscamps werde ich wohl auch mal wieder dabei sein.

Mein besonderer Dank geht aber an Xu Shi Xi Laoshi. Er hat uns eine Schatztruhe gegeben und den Schlüssel noch gleich dazu.

Hier noch ein Film

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